Digitale Getränkewahl durch junge Konsumentenschicht

von Conrad Seidl 02/12/2025
Nachrichten
Digitale Getränkewahl durch junge Konsumentenschicht

Freyburg - Während viele Brauereien noch mit sinkenden Ausstoßzahlen ringen, zeichnet die Rotkäppchen‑Mumm Trendstudie 2025 ein Bild, das für die gesamte Getränkewelt – Bier inklusive – gleichermaßen Warnsignal und Chance ist. Die zentrale Botschaft: Genuss wird ritualisiert, „Micro-Moments“ ersetzen den seltenen großen Rausch, und Low- bzw. No‑Alcohol-Getränke werden zum Statussymbol eines modernen Lebensstils. „Das Bedürfnis nach Balance macht Low- oder No-Alkohol-Getränke zu neuen Symbolen eines modernen Lebensstils“, heißt es programmatisch in der Studie. Wer heute anstößt, will häufiger Alltag als Ausnahme feiern – und erwartet zugleich Auswahl zwischen mit und ohne Alkohol, ohne geschmackliche Kompromisse.​

Für Biermarken besonders relevant: 62 Prozent der Befragten haben schon bewusst auf Alkohol verzichtet, und alkoholarme oder alkoholfreie Varianten werden nicht mehr als Notlösung, sondern als gleichwertige Alternative verstanden. Rund die Hälfte erwartet, dass No‑Alkohol-Produkte geschmacklich nahe am Original sind, mehr als ein Drittel ist bereit, dafür den gleichen Preis zu zahlen – Premium statt „Light“-Stigma. Während sich die Studie inhaltlich auf Wein, Schaumwein und Spirituosen konzentriert, lässt sich der Trend ohne Weiteres auf Bier übertragen: Wer zwischen Aperitif, Schaumwein und 0,0‑Spirituosen bewusst wählt, wird auch beim Bier selektiver, probierfreudiger und kritischer mit klassisch alkoholstarken Sorten umgehen. Das „Casual Drinking“ am Nachmittag, der „Fizzy Friday“ oder das schnelle Anstoßen nach der Arbeit – all diese Anlässe schreien förmlich nach leichten, gut trinkbaren Bierstilen sowie ausgebauten Alkoholfrei-Sortimenten vom Hellen bis zum IPA.​

Langfristige Trends gemessen

Hinter der Trendstudie steht kein loses Meinungsbild, sondern ein recht aufwendig konstruiertes Forschungsdesign. Rotkäppchen‑Mumm lässt bereits zum fünften Mal in Folge die deutsche Genusskultur vermessen und arbeitet dabei mit dem Hamburger Institut Bonsai Research zusammen, das auf gesellschaftlichen Wandel und Werteforschung spezialisiert ist. Als Datengrundlage dient eine Online-Befragung von 1.500 volljährigen Personen in Deutschland, die zumindest gelegentlich Wein, Schaumwein und/oder Spirituosen trinken; ergänzt wurde diese Erhebung durch externe Quellen wie GfK, Werteindex, Global Web Index und Statistisches Bundesamt. Befragt wurden alle Generationen von Gen Z bis zu den Babyboomern, die Feldzeit lag im September 2025 – mitten im Alltag, nicht in einer „Feierhochphase“ wie Weihnachten oder Silvester. Damit erhebt der Marktführer im Schaumweinsegment für sich den Anspruch, eine Art Seismograf für Konsumtrends im gesamten Alkoholmarkt zu liefern – was angesichts der methodischen Breite nicht ganz von der Hand zu weisen ist.​

Ein weiterer Befund, der Brauereien und Gastronomen gleichermaßen betrifft, ist die Digitalisierung der Getränkewahl. Nur noch rund ein Drittel der Konsumentinnen und Konsumenten greift spontan ins Regal; 44 Prozent recherchieren vorab per Suchmaschine, 42 Prozent lesen Online-Reviews und bereits ein Viertel nutzt KI‑Tools wie ChatGPT zur Vorbereitung von Kaufentscheidungen – ein Plus von 15 Prozentpunkten gegenüber dem Vorjahr. Besonders die Gen Z konsultiert künstliche Intelligenz für Food-Pairings und personalisierte Empfehlungen, sodass KI zur „zweiten Meinung“ in Genussfragen wird. „Digitale Helfer – von KI bis Community – prägen zunehmend unsere Kaufentscheidungen als Teil eines bewussten, informierten Genusserlebnisses“, formuliert die Studie. Für Bier heißt das: Wer mit seiner Marke nicht in Suchergebnissen, Review-Plattformen, Social-Media-Feeds und KI-Empfehlungen vorkommt, findet für einen wachsenden Teil der Zielgruppe praktisch nicht statt – egal, wie präsent die Marke im Handel oder auf der Schanktafel ist.​

Für die Gastronomie legen die Ergebnisse mehrere strategische Schritte nahe. Erstens: Bierkarten sollten das Thema Balance ernst nehmen, also konsequent auf eine klare Struktur aus klassisch, niedrig alkoholisiert und alkoholfrei setzen – mit geschmacklich gleichwertigen Alternativen und passenden Glaspaketen, statt liebloser 0,0‑Alibi-Lösungen. Zweitens: Die großen Chancen liegen nicht nur im Samstagabend, sondern in den vielen kleinen Momenten – vom Aperitivo am späten Nachmittag über After-Work-Runden bis zum kurzen Stopp auf ein schnelles Bier.

Lehren für die Gastronomie

Gastronomen, die passende Angebote für diese „Micro-Moments“ schaffen – etwa kleine Bier‑Flights in verschiedenen Alkoholstufen, Bier-Spritz-Varianten oder Kombis aus Snack und leichtem Bier – bedienen genau jene Alltagsrituale, die die Studie als Kern der neuen Genusskultur beschreibt. Drittens: Digitale Sichtbarkeit wird zum Pflichtprogramm, ob mit gut gepflegten Profilen, aktivem Community-Management oder Kooperationen mit Content Creators, deren Empfehlungen in die KI‑gestützte Recherche einfließen. Wer Bier künftig verkaufen will, muss nicht nur brauen und ausschenken können, sondern auch in den digitalen Welten der Gäste daheim sein. 

https://www.rotkaeppchen-mumm.de/fileadmin/Dokumente/Trendstudie/2025/R…