Trauer um Craftbier-Pionierin Rose Ann Finkel

von Conrad Seidl 21/06/2020
Nachrichten
Trauer um Craftbier-Pionierin Rose Ann Finkel

Seattle - Die hervorragendste Eigenschaft von Rose Ann Finkel war ihre Herzlichkeit: Privat eine liebenswürdige Gastgeberin, geschäftlich eine leidenschaftliche Expertin für gutes Essen und Trinken. Sie hat das immer auf ihre Herkunft aus New Orleans zurückgeführt, einer Stadt, in der man gut zu essen versteht. 1977 gründete sie mit dem "Truffles" eine der ersten Gourmet-Greisslereien in den USA, das Time-Magazin kürte es umgehend zu einem der fünf Top-Groceries des Landes. Titel der Story: "Love in the Kitchen". In der Küche ihres Privathauses in Seattle konnte sie mit lässiger Bescheidenheit darauf verweisen, dass es heute ja nur eine Kleinigkeit geben würde - was sich dann als mehrgängiges Menü erweisen sollte. Ehemann Charles Finkel fragte dann, ob man lieber mit Champagner oder Bier beginnen wollte.

Das zeichnete das Ehepaar Finkel aus: Sie wussten über gute Weine Bescheid - kennen gelernt hatten einander Rose Ann und Charles in Houston, als beide noch um Weinbusiness tätig waren - und sie entwickelten früh ein Gespür dafür, dass wer guten Wein mag, wohl auch gutes Bier trinken würde. Ihr erstes gemeinsames Geschäft gründeten sie 1969, es hieß "Bon Vin" - ein Unternehmen das später von den Besitzern des renommierten Chateau Ste. Michelle in Washington gekauft wurde. Dem Getränkehandel blieben Sie treu - das nächste Handelshaus hieß dann "Merchant du Vin", wurde aber berühmt dafür, mit dem importierten Bier von Samuel Smith aus Yorkshire das teuerste Bier der USA anzubieten. Es wurde den Finkels aus den Händen gerissen. Also importierten sie auch kontinentaleuropäische Biere, darunter Ayinger, dessen Doppelbock Celebrator ein amerikanischer Standard wurde. Den Namen hatte Rose Ann dem Bier gegeben.

Das Ehepaar übersiedelte nach Seattle, wo es 1989 mit der Gründung der Pike Brewery im berühmten Pike Place Market zum Pionier der Craftbier-Szene in Pacific Northwest wurde. Gleichzeitig kauften die Finkels Liberty Malt Supply, ein bereits während der Prohibition gegründetes Geschäft für Homebrewing. Heimbrauen war während der Prohibition bis 1933 ein rechtlicher Graubereich, dann dümpelte die Sache so vor sich hin und erst in den 1980er Jahren wurde homebrewing offiziell legalisiert.

Die Finkels unterstützten unter anderem The Weizmann Institute of Science, den amerikanischen Zweig der Slow Food Bewegung und mehrere lokale Initiativen. 

Nach langem Krebsleiden - im Vorjahr hatte sie eine Knochenmarkstransplantation bekommen - ist Rose Ann Finkel am 16. Juni im Kreis ihrer Familie in ihrem Haus in Seattle friedlich entschlafen.