Alkoholfreie Biere können das Hirn täuschen

von Conrad Seidl 17/01/2022
Nachrichten
Alkoholfreie Biere können das Hirn täuschen

München - Noch ein Aspekt zum "Dry January": Wie Bierverkoster wissen, schmeckt man bei den meisten alkoholfreien Bieren irgendwie doch, "dass da etwas fehlt". Und das, obwohl gerade in den letzten Jahren enorme Geschmacksverbesserungen gelungen sind.

Kai  Büchner, ein Dokotorand am Lehrstuhl für Brau- und Getränketechnologie der TU München in Weihenstephan, hat in einer Versuchsreihe festgestellt, dass man nicht unbedingt am Geschmack drehen muss, um AF-Biere angenehmer schmecken zu lassen, berichtet BR24

Die Idee dahinter: Wenn man Bier trinkt, dann ist das Gehirn damit beschäftigt, die mit der Nase aufgenommen Aromen und mir den Geschmackspapillen im Mund wahrgenommenen Geschmackseindrücke mit den Erfahrungen abzugleichen. Und da kommt der erfahrene Biertrinker eben meist zu einem für das alkoholfreie Produkt nicht sehr vorteilhaften Ergebnis. Büchner hat daher ein Konzept entwickelt, das Gehirn im Moment des Trinkens durch einen kleinen Trick abzulenken.  Er schickt zeitgleich zum eher laschen Geschmack des Biers einen anderen Reiz mit, zum Beispiel das Kühlende aus Menthol. Dieser Reiz soll das Gehirn davon ablenken, dass das alkoholfreie Getränk eine Eigenschaft hat, die die Konsumenten nicht so toll finden.

"Hot" oder "cool"

Schon in sehr geringen Dosen wirkt Menthol auf den Trigeminus, einen Hirnnerv, der gewisse sensorische Eindrücke sehr rasch meldet. Man kennt das vom "scharfen Geschmack" der Chilischote: Schärfe ist nämlich keine Kategorie des Geschmacks, sondern ein Nervenreiz, der durch Capsaicin ausgelöst wird. Er signalisiert "scharf und warm", weshalb scharfe Speisen im Englischen auch als "hot" bezeichnet werden. Ähnlich wirkt Menthol: Es vermittelt einen frischen, "kühlen" Eindruck, der eben auch über den Trigeminus ans Hirn gemeldet wird.

Sowohl Menthol als auch Capsaicin können als minimale Beimengung zu alkoholfreiem Bier einen verbesserten Gesamteindruck vermitteln, hat Büchner ermittelt. Das Hirn muss viel Reize gleichzeitig verarbeiten und soll keine Zeit haben, sich auf den zu süßen oder leeren Geschmack von alkoholfreiem Bier zu konzentrieren. Die Dosierung von Menthol muss allerdings so gering sein, dass man beim Trinken nicht an Pfefferminzbonbon denkt, sondern bloß einen erfrischenden Effekt wahrnimmt - ein anderes Mundgefühl.

Als vielversprechend bewertet Professor Thomas Becker den Forschungsansatz, berichtet B24. Becker ist Institutsleiter in Weihenstephan und Kai Büchners Chef. Das Projekt sei etwas "exotisch". An seinem Institut beschäftigen sich mehrere Forschungsprojekte zurzeit damit, alkoholfreies Bier zu verbessern. Ein Trendthema. Die meisten untersuchen aber die Herstellungsverfahren.