Ein Hauch von Champagner

von Conrad Seidl 15/08/2022
Nachrichten
Ein Hauch von Champagner

Salzburg - Eine kleine Klarstellung vorneweg: Champagner kommt nur aus den streng kontrollierten Kellereien der Champagne. Das ist keine Selbstverständlichkeit, denn bis zu den Friedensverträgen nach dem Ersten Weltkrieg wurde beinahe jeder Schaumwein weltweit als „Champagner“ vermarktet – Deutschland wurde das 1919 im Vertrag von Versailles mit den „Champagnerparagraphen“ (Artikel 274 und 275) untersagt. Nach und nach konnte Frankreich den Gebietsschutz zumindest EU-weit durchsetzen, nicht einmal ein Hinweis auf die „Champagnermethode“ bei der Flaschengärung ist legal.

Miller's High Life machte den Anfang

Warum das hier wichtig ist, wo wir doch über Bier reden? Weil es natürlich immer wieder Versuche gegeben hat, Biere mit Champagner zu vergleichen – schon im Jahr 1903 vermarktete Miller sein High Life als „Champagne of Beers“, aber das war in den USA, wo man sich um Herkunftsrechte (Stichwort: Budweiser) nie besonders gekümmert hat. Und High Life hatte mit Champagner halt allenfalls die gehobene Anmutung gemeinsam.

1940, Hitler-Deutschland befand sich wieder im Krieg mit Frankreich und scherte sich nicht um den Versailler Vertrag, veröffentlichte der „Brautechnische Berater“ von Johannes Olberg noch ein Champagner-Weissbier-Rezept. In Österreich nannte man bis in die 1980er Jahre Kristallweizenbiere „Champagner-Weizen“ – was mit dem EU-Beitritt ebenso vorbei war wie die Bezeichnung „Méthode Champenoise“ für die Sektbereitung auf Rüttelpulten.

Aber Champagnerhefe für die Bierherstellung verwenden, das darf man doch? Ja, wenn man das resultierende Bier nicht Champagnerbier nennt, sondern etwa „Perlage“, dann darf man das. Auch wenn es nicht immer auf den ersten Versuch gelingt, wie der experimentierfreudige Braumeister Markus Trinker zugibt. Und er räumt auch ein, dass er keineswegs der Erste war, der Bier mit Champagnerhefe vergoren hat. Schon vor Jahren sei er vom „Deus“ begeistert gewesen, einem Bier aus der belgischen Brauerei Bosteels (heute AB Inbev), das die Braumeister Ivo und Antoine Bosteels als Bière Brut konzipiert und in Champagnerflaschen gefüllt hat. Und auch in Österreich gab es Vorläufer: Zur Jahrtausendwende hat die Hubertus Brauerei mit der Sektkellerei Szigetti ein mit Sekthefe vergorenes Bier auf den Markt gebracht - im ersten Bierguide wurde die "Hubertus Edition 2000" als eine der Bierinnovationen des Jahres ausgezeichnet.

Stiegls "Bio Perlage" spektakulär präsentiert

Für die „Bio Perlage“, die im Juli Marktreife erlangt hat, hat Markus Trinker in der zu Stiegl gehörenden Brauerei in Wildshut eine helle, 16-grädige Bierwürze aus dem lokal angebauten Gerstenmalz hergestellt und mit Simcoe und Hallertauer Blanc Hopfen gehopft. Speziell der Hallertauer Blanc sorgt für den weinigen Charakter des am Champagner angelehnten Bieres: Er bringt ein fruchtiges, an Stachelbeere, Ananas und Cashewnüsse erinnerndes Aroma in die Nase. Schaum und Prickeln sind nicht sehr beständig, serviert wird das Bier aber ohnehin in 0,1-Liter-Portionen, vom Champagner gießt man ja auch nicht mehr in ein Glas. Und dann der Antrunk: Man merkt schon, dass da auf acht Prozent Alkohol auch acht Gramm CO2 pro Liter abgestimmt wurden, die Perlage ist aber sehr fein: Kleine, bei der Nachgärung auf der Flasche entstandene Bubbles spielen auf Zunge und Obergaumen. Das verleiht dem Bier eine hohe Drinkability, den Alkohol schmeckt man nämlich gar nicht – fruchtige Säure und eine leichte Süße im Antrunk aber sehr wohl. Die Süße wird allerdings von einer milden Hopfenbittere balanciert und diese wiederum wird von einem extra-trockenen Nachtrunk abgelöst. Die Champagnerhefe hat also ganze Arbeit geleistet – und gezeigt, dass man einen weinigen, ja sogar champagnerartigen Eindruck auch ganz ohne Zusatz von Traubensaft ins Bier bringen kann.

Versuche mit Bier-Mischungen

 Es geht natürlich auch unter Hinzunahme von Traubensaft - also mit einem Hybrid von Bier und Wein. Vorreiter dabei war wiederum eine belgische Brauerei: Cantillon in Brüssel hat in den vergangenen Jahrzehnten immer wieder mit verschiedenen Früchten bei der Nachgärung seiner Gueuze-Lambics experimentiert. Traditionell ist ja das "Kriek", ein mit Weichseln nachvergorenes Lambicbier. Später kamen da auch andere Früchte zum Zug - im Gueuze Vigneronne eben Weinbeeren. Das war lange, bevor italienische Craftbier-Brauereien den Stil "Grape Ale" zu einem Welterfolg gemacht haben. Und auch bevor in Wien aus Ottakringer Hellem und einem nicht näher definierten "jungen österreichischen Weln" ein Biermischgetränk namens "Hopfenschampus" kreiert worden ist. Das Experiment hat sich damals ebenfalls eine Auszeichnung als Bierinnovation des Jahres verdient - es hat allerdings das Jahr 2010 nicht überlebt. Schade drum. Allerdings: Heute dürfte dieses Biermischgetränk so nicht mehr hergestellt werden, denn seither wurde das Codexkapitel B13 des Österreichischen Lebensmittelbuchs, das die im österreichischen Bier erlaubten Zutaten verbindlich regelt, geändert. Da steht nun: "Bei Biermischgetränken handelt es sich um trinkfertige Mischungen von Bier und alkoholfreien Getränken oder Wasser. Ein bestimmtes Mischungsverhältnis ist nicht vorgeschrieben, muss aber angegeben werden. Bei alkoholhältigen Biermischgetränken stammt der Alkohol ausschließlich aus dem Bieranteil." Dem Bier dürfen also weder Wein noch Spirituosen beigemischt werden. 

Also muss unvergorener Traubensaft zum Bier - wie es etwa Reini Barta im Gusswerk Salzburg mit dem "Cerevinum" vorexerziert hat. Eine sehr resche Variante hat das Mosa Braukollektiv mit seinem Grape Ale in der Steiermark produziert. Aber die Möglichkeiten sind längst noch nicht augereizt. "Borgee" heißt das vorerst jüngste, von Stephan Börger geschaffene Angebot: „Die Frische eines Schaumweins paart sich mit fruchtigem Hopfen und der leichten Würze aus Gerstenmalz. Die Vergärung von Traubensaft und Bierwürze mit Champagnerhefe sorgt für prickelnden Hochgenuss“, schwärmt Christian Wolf, International Sales Manager bei Luxxury Food Solutions, einem Tochterunternehmen der Trabitsch Business Group.

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