Große Aufregung um höheres Flaschenpfand

von Conrad Seidl 29/01/2025
Nachrichten
Große Aufregung um höheres Flaschenpfand

Wien - Die Erhöhung des Flaschenpfands war seit vielen Jahren ein Anliegen des Brauereiverbands - sie kommt also nicht ganz überraschend. Und dennoch war die Überraschung groß, als DER STANDARD Mitte Jänner die bevorstehende Anpassung des Pfandbetrags gemeldet hat. Die in Sachen Handel stets top-informierte Journalistin Verena Kainrath schrieb: "Mehr als 40 Jahre lang war die Flasche für Gerstensaft neun Cent wert. Nun steigt ihr Pfand im Sog der neuen Kreislaufwirtschaft für Einweggebinde auf 20 Cent. Wirksam wird die Verdoppelung bereits Ende kommender Woche, konkret in der Nacht von 1. auf 2. Februar, erfuhr DER STANDARD. Neben der Brauwirtschaft ziehen Getränkemarken wie Fritz-Kola mit, die von den Brauern vertrieben werden. Das Hamburger Unternehmen drängt in Deutschland seit Jahren auf eine Erhöhung des Pfandes auf Glasflaschen, dort bisher ohne Erfolg. Für den Kauf einer Kiste Bier mit 20 Flaschen sind künftig also im Einkauf 2,20 Euro mehr auszulegen. Quasi über Nacht steigt damit auch der Wert bereits eingelagerter Flaschen. Was in der Branche mit Blick auf potenzielle Körberlgelder die Nerven blanklegt."

Körberlgeld für Flaschensammler

Kainrath berichtete von Sorgen bezüglich eines kurzfristigen Ansturms auf Bier von Konsumenten, Kaufleuten und Gastronomen vor der konzertierten Umstellung. Eine solche Spekulation auf kurzfristig generiertes Körberlgeld könne keiner brauchen. So blieb ihr exakter Zeitpunkt über Monate ein wohl gehütetes Geheimnis.

Anders als das Pfand auf Einweggebinde ist jenes auf Glasflaschen nicht von der Mehrwertsteuer befreit. Netto bleiben der Brauwirtschaft nunmehr rund 16 Cent für jedes nicht retournierte Gebinde, was grosso modo seinem Wiederbeschaffungswert entspricht. Abgestimmt wurde das Prozedere rund ums höhere Pfand mit der Bundeswettbewerbsbehörde. Bierproduzenten wollen sich nicht dem Vorwurf aussetzen, hinter verschlossenen Türen eigene Süppchen zu kochen.

Betroffen von der Pfanderhöhung sind all jene Flaschen, die aktuell in den Rückgabeautomaten mit 9 Cent hinterlegt sind: Dazu zählen die „klassischen“ 0,5-Liter-Bierflaschen, aber auch Weißglasflaschen mit Schraubverschluss sowie viele 0,33 l Flaschen. Nachdem es sich „zu 90 Prozent“ um Bierflaschen handelt, hat der Verband der Brauereien die Initiative zur Erhöhung federführend angestoßen, verhandelt und umgesetzt.

Zwei Jahre Vorbereitungszeit gehen der Anpassung voraus, handelt es sich doch – anders als beim Pfand für Einweg-Gebinde – beim Mehrweg-Pfand um eine „privatrechtliche Vereinbarung“ zwischen Käufern, Inverkehrbringern und Rücknehmern. Der „Handelsbrauch“ basiert auf keiner gesetzlichen Grundlage; das österreichische Mehrwegsystem bei Getränkeflaschen und –kisten funktioniert „seit Jahrzehnten bestens und ohne staatlich verordneten Rechtsrahmen“, wie es in einer Aussendung des Brauereiverbands heißt. 

„Die heimische Bierbranche setzt seit langem und zum überwiegenden Teil auf sogenannte Pool-Flaschen“, sagt dessen Obmann Karl Schwarz, der gleichzeitig Chef der Zwettler Brauerei ist. Im Pool gibt es einheitliche Flaschenformen, die von vielen Brauereien und Abfüllern genutzt werden. Schwarz: "Das vereinfacht die Kreislaufwirtschaft deutlich, können doch Flaschen an verschiedene Brauereien retourniert und dort wiederbefüllt werden.“ Dadurch entfällt die – in der Praxis nahezu unmögliche – sortenreine Sortierung nach Herstellern. „Das wäre im Handel nicht abbildbar, müssten Bierflaschen der Brauerei X in die jeweiligen Bierkisten sortiert und retourniert werden“, weiß Schwarz als Brauerei-Eigentümer aus eigener Erfahrung.

Den Aufwand für die Umstellung des Pfands tragen die Brauereien. „Konsumentinnen und Konsumenten haben durch die Umstellung keine Nachteile, sie werden lediglich angehalten, Glas wertzuschätzen und es dem Kreislauf wieder zuzuführen“, appelliert Schwarz.

Deutschland wird nachziehen müssen

Allerdings wird es jetzt Zeit, dass die deutschen Brauereien nachziehen. Schon seit Jahren klagt die deutsche Brauwirtschaft darüber, dass zu wenige Flaschen zurückgegeben werden, weil das deutsche Flaschenpfand mit acht Cent schon bisher niedriger als in Österreich war. Und da käme im kleinen Grenzverkehr noch ein Problem dazu: Eröffnet sich für jene, die Bier in Deutschland kaufen, das Pfand dafür aber in Österreich kassieren, ein neues Geschäftsmodell? Unbestritten ist, dass damit der Pool an leeren Flaschen für Österreichs Abfüller wachsen würde, während es aus dem deutschen Pool einen größeren Schwund geben dürfte. So ähnlich war es auch 1989/90 gelaufen, als billige Pfandflaschen nach dem Fall des Eisernen Vorhangs die westlichen Märkte geflutet haben.