Österreichs Brauereien brauchen Hilfe vom Staat

von Conrad Seidl 23/04/2020
Nachrichten
Österreichs Brauereien brauchen Hilfe vom Staat

Wien - "Bier, das nicht getrunken wird, hat seinen Beruf verfehlt." Dieser alte, schon von Bismarck gern zitierte Spruch trifft heuer insbesondere für jene Biere zu, die vor der Corona-Krise gebraut und abgefüllt, dann aber nicht in der Gastronomie konsumiert werden konnten. Ohne staatliche Hilfe kämen die Brauereien heuer nicht über die Runden. Denn noch eine andere Erfahrung drückt die Brauer: "Die Biermenge, die nicht bis Mai verkauft wurde, wird das ganze Jahr über nicht mehr verkauft werden." 

Und heuer schaut es ganz danach aus: Durchschnittliche Umsatzeinbußen von über 50 Prozent – und je nach Gastronomieanteil weit darüber hinaus – stellen die gesamte Bierbranche vor große wirtschaftliche Herausforderungen, vermeldet der Verband der Brauereien. Um Arbeitsplätze und lokale Wertschöpfung zu sichern, fordern die heimischen Brauer dringend steuerliche Entlastungen sowie Kompensationszahlungen für abgelaufene Waren. 

„Mit der Schließung der Gastronomie wurde einem unserer wichtigsten Partner von einem Tag auf den anderen sprichwörtlich das Licht abgedreht“, erklärt der Obmann des Verbandes, Sigi Menz. „Wir stellen unverändert tagtäglich unsere Solidarität mit den Gastronomen unter Beweis, aber wir sehen mittlerweile auch, dass unsere Brauereien mit Umsatzeinbußen zu kämpfen haben: Bei manchen sind es bis zu 100 Prozent Rückgang." Das betrifft vor allem den bisher als absolut krisensicher geltenden Absatz in der Eigengastronomie.

Als Abhilfe forden die Brauereien: 

•    Einen ermäßigten Umsatzsteuersatz (wie z. B. in der Tschechischen Republik bereits umgesetzt) von derzeit 20 % auf 10 % – für auf in der Gastronomie über eine Schankanlage abgegebenes Bier bzw. andere Getränke aufgrund des ausgeprägten Dienstleistungscharakters (tägliche Reinigung der Schank- und Zapfanlagen, Desinfizieren des Zapfkopfes bei jedem Fasswechsel, laufende Reinigung der Bierleitungen etc.). Zudem ist Fassbier „das Mehrweggebinde“ schlechthin. Eine Senkung des Steuersatzes würde nicht nur eine steuerliche Entlastung bedeuten, sondern auch ein Zeichen in Richtung Nachhaltigkeit setzen und zugleich die Attraktivität von Fassbier bei den Gästen steigern. 
•    Eine 100 prozentige Kompensation für Bier, das aufgrund des Lockdowns in der Gastronomie, im Getränkefachgroßhandel, in Depots oder der Brauerei verdorben ist bzw. aufgrund der Überschreitung des Mindesthaltbarkeitsdatums nicht mehr verkauft werden kann.
•    Eine Reduktion der Biersteuer auf ein faires Niveau. Österreichs Brauwirtschaft wird mit einer der höchsten Abgabenquoten in Europa belastet. Die gesamtsteuerliche Belastung von Bier beträgt hierzulande hochgerechnet fast 50 %. Im Vergleich mit Deutschland ist die österreichische Biersteuer um mehr als das 2,5-fache höher, zudem gelten in Deutschland 19 % Umsatzsteuer.
 

Eine schnelle Erholung des Marktes ist nicht in Sicht, mit der Öffnung der Restaurants und Wirtshäuser ab 15. Mai werden sich die Umsätze kaum stabilisieren. Auch auf mögliche Nachholeffekte ist nicht zu hoffen. Denn einerseits wird der Gastronomiebetrieb strikten, erschwerenden Auflagen unterliegen, andererseits werden auch die Gäste noch eine Zeitlang Zurückhaltung zeigen. „Und die laufenden Absagen branchenrelevanter Veranstaltungen – von Kirtagen über Volksfeste bis hin zu großen Konzerten oder Sportereignissen – verursachen hohe Umsatzausfälle in den nächsten Monaten“, führt Menz aus.

Auch die Exporte sind von der Krise betroffen. Aktuell belasten Verzögerungen und Unterbrechungen von Lieferketten innerhalb der EU und in vielen Drittstaaten die exportierenden Brauereien. „Krisenbedingte Maßnahmen in den Zielländern vor Ort führen auch auf diesen Märkten zu Änderungen im Konsumverhalten, die sich allgemein in einem sehr abwartenden Exportgeschäft widerspiegeln“, so Menz. 

Insgesamt mussten die österreichischen Brauereien bisher über 3.000 Beschäftige zur Kurzarbeit anmelden. Davon betroffen sind Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter aus Vertrieb, Logistik, Gastronomie, Marketing und Produktion. 
Menz:  "Was uns in diesen schwierigen Tagen stärkt, ist der Lebensmitteleinzelhandel - seinen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern gebührt großer Dank. Ohne diese Absatzmöglichkeit wäre das Bierland Österreich noch stärker unter Druck.“

www.bierland-oesterreich.at