Schon Bier gekauft?

von Conrad Seidl 30/07/2020
Nachrichten
Schon Bier gekauft?

(Dies ist eine am 30. Juli aktualisierte Kolumne, die im Original in der Juli-Ausgabe von Der Getränkefachgroßhandel erschienen ist)

Wien - Wir alle kennen den Witz, dass man sein Geld in Bier anlegen sollte, weil man da – anders als auf der Bank – fünf Prozent dafür bekomme. In dem Scherz steckt allerdings eine Menge Wahrheit.

Daher zunächst eine Compliance-Anmerkung in eigener Sache: Ich gebe hier keine konkreten Anlageempfehlungen (dazu sind andere berufen), aber ich habe meine bescheidenen Ersparnisse in den vergangenen Jahren tatsächlich in Bier angelegt – und zwar in Aktien aller größeren Brauereikonzerne. Und auch in Aktien sehr kleiner Unternehmen wie der Brauhaus Sternen AG im Schweizer Frauenfeld. Diese kleine Craft-Brauerei zahlt ihre Dividende in Form von Konsumationsgutscheinen – ihre Aktionäre können diesen Coupon im Brauhaus in Bier einlösen. Eine gute Marketing-Idee: So bleiben die Aktionäre „ihrer“ Brauerei verbunden, schauen ab und zu mit ihren Freunden am Unternehmensstandort vorbei, verbreiten den Stolz auf ihr Investment und kaufen wohl noch mehr Bier als der Gewinn-Ausschüttung entspräche.

Ich selbst wohne zu weit von Frauenfeld entfernt, um jährlich den Ertrag des eingesetzten Kapitals genießen zu können, aber mir gefällt das Prinzip. Und ich rechne damit, dass die Aktien ihren Wert behalten und langfristig steigern. Damit kann man sich natürlich irren, es passiert ja gelegentlich, dass Brauereien Pleite gehen und man als Investor durch die Finger schaut.

Aber in der Regel ist Geld in Bier-Aktien gut angelegt. Das hat sich selbst in der Corona-Krise erwiesen. Mitte März haben Beobachter entsetzt festgestellt, dass die Aktien des Bier-Weltmarktführers AB-Inbev angeblich ins Bodenlose abgstürzt sei. Tatsächlich purzelte der Kurs angesichts schwacher Marktentwicklung in China schon, bevor weltweit Maßnahmen gegen die Pandemie gesetzt worden sind – diese haben dann die Aktie auf ein weiteres Tief geschickt. Grund zur Panik? Nicht wirklich: Auch als der Kurs am 19. März auf 29 Euro gefallen war, lag das immer noch deutlich über dem Wert von vor 20 Jahren. Das ist natürlich ein geringer Trost für jemanden, der im November 2015 zum Höchstkurs von 124 Euro gekauft hat – aber eine sehr gute Chance, ein paar Bier-Aktien nachzukaufen. Wer nämlich im März beherzt zugegriffen hat, hat die Papiere Ende Juli mit über 50 Euro im Depot stehen.

Das ist mit den anderen Bier-Titeln im Prinzip nicht anders gelaufen. Dahinter steht die Beobachtung, dass die Produkte großer Marken auf dem US-Markt besser durch die Krise gekommen sind als die von kleinen Brauereien. Diesen ist ja ein Großteil des Geschäfts durch den Lockdown weggebrochen – das bis zu Corona als bombensicher geltende Brewpub-Business ist ja ebenso wie die lukrativen Taproom-Verkäufe in der Eigengastronomie der Mikrobrauereien von einem Tag auf den anderen verunmöglicht worden. Bud Light und die Konkurrenzprodukte haben über die gut etablierten Vertriebskanäle im Handel den Weg zu den Biertrinkern gefunden. Das mag ein kurzfristiger Effekt sein, die Börsianer aber haben ihn mit steigenden Kursen bei den meisten Bierherstellern belohnt. Das kann man sympathisch finden oder auch nicht – aber es belegt, dass man gerade in Krisenzeiten den Mut haben sollte, im Aktienmarkt zu investieren. Anders als bei den Aktien des Brauhaus Sternen winken da nicht nur Kursgewinne, sondern auch anständige Dividenden, die in Euro ausbezahlt werden. Und wenn die Kurse wieder fallen, ruhig Blut bewahren, abwarten, Bier trinken, eventuell nachkaufen.

Man muss die Biere dieser Konzerne ja nicht trinken, wenn sie einem nicht schmecken. Wer Bieraktien im Depot hat, kann mit großem Genuss die Biere kleiner Brauereien trinken. Auch das ist ein gewinnträchtiger Weg, die Wirtschaft wieder anzukurbeln.

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