Sommerzeit ist Zeit für Bierbücher

von Conrad Seidl 22/05/2024
Nachrichten
Sommerzeit ist Zeit für Bierbücher

Frankfurt / Wien - Eigentlich hatte ich vor, in dieser Kolumne einmal richtig Eigenwerbung zu machen: Immerhin ist innerhalb weniger Tage nicht nur der "Bier Guide 2025", der schon ausgiebig gefeiert wurde, sondern auch mein neues Buch „Biermythen“ im kleinen, aber feinen Verlag Der Apfel erschienen – und als Autor will ich die Biermythen herzlich gerne allen ans Herz legen, die mehr zur Kulturgeschichte des Bieres erfahren wollen, als in meinen Kolumnen untergebracht werden kann.

Ich hätte hier angepriesen, was man in den „Biermythen“ über die Erfahrung der Menschheit mit Gärung im Allgemeinen und mit Bierbrauerei im Speziellen nachlesen könnte. Ich hätte insbesondere die Kapitel über Hopfen und Religionsbezüge hervorgehoben. Und ich hätte vom Einfluss deutscher Brauer des 19. Jahrhunderts auf das amerikanische (und damit auf das internationale) Brauwesen berichtet – und empfohlen, das alles umfangreich in meinem Buch nachzulesen.

Empfehlung für Uwe Ebbinghaus

Und dann ist mir das neue Buch meines Kollegen Uwe Ebbinghaus in die Hand gefallen, das ohne Übertreibung ebenso empfehlenswert ist. Auch wenn Uwe einen etwas anderen Zugang zur Biergeschichte gewählt hat: Sein im Ars Vivendi Verlag erschienenes „Buch zum Bier“ nimmt die Leserinnen und Leser zunächst nach Bamberg mit – und kommt dort fast nicht mehr los. Nach Besuchen in beinahe allen relevanten Bierschenken der Umgebung kommt er zu dem Schluss: „Ob in Bamberg oder Bayreuth: Das Leben in Franken hat paradiesische Seiten“. Darauf wird Ebbinghaus, im Hauptberuf Feuilleton-Redakteur der Frankfurter Allgemeinen Zeitung, mehrfach zurückkommen – denn er lässt mehrfach Tipps des fränkischen Brauers Hans Wächtler einfließen. Und zum Schluss gibt es ein ganzes Kapitel zum Foodpairing, also der passenden Kombination von Speisen und Bieren.

Da gibt der Autor zu: „Natürlich spielt auch die Psychologie in die Wahrnehmung von Bier hinein. Kennt man den Entstehungsort eines Bieres oder die Region?“ Ah ja: Franken, das kennt er, das kennt natürlich auch Hans Wächtler – und so werden „Auf der Suche nach dem perfekten Schluck: 50 Genuss- und Pairingempfehlungen“ nicht weniger als 16 Biere aus der Region um Bamberg vorgestellt. Nicht alle Empfehlungen sind ganz traditionell. Das Maisel & Friends IPA wird ganz allgemein „zum Burger im Restaurant“ vorgeschlagen, während es für vier Schlenkerla-Biere ganz konkrete lokale Tipps gibt – das Schlenkerla Märzen schmecke speziell „mit Leberkäs vom Liebold im Kümmelweckla zum Frühschoppen im Gasthof in der Dominikanerstraße“. Ich gebe zu, dass ich dies auch schon ausprobiert habe (ich hatte ja ebenfalls mehrere Gelegenheiten, mit Hans Wächtler Biere zu probieren). Allerdings muss ich anmerken, dass mir das Schlenkerla aber auch als Begleitung zu einem Steak hunderte Kilometer von Bamberg entfernt gemundet hat.

Nun muss man Ebbinghaus zugutehalten, dass er sich nicht in Lokalpatriotismus verliert und sogar den vom englischen Beerhunter Michael Jackson geäußerten Zweifel am Bestehen einer spezifisch deutschen Bierkultur zulässt: Tatsächlich war es in Deutschland viele Jahrhunderte lang gar nicht notwendig, über eine deutsche Bierkultur nachzudenken, weil es erstens überall gutes Bier gegeben hat – und weil das Heilige Römische Reich doch eher ein ideeller, allenfalls auch ein politischer, aber bis zu seinem Untergang 1806 kein in der Bevölkerung verankerter Nationalbegriff war.

Ebbinghaus spürt diesen Bieren lokal, national und international nach: Da berichtet er vom Aroma im Hopfenlager vom Uerige in Düsseldorf, von der Säure der Berliner Weisse, die ihn und seine Gesprächspartner beim Lemke in Berlin sprichwortgerecht lustig gemacht hat, und dann lässt er seine Leserschaft am literarischen Wissen zu Ulysses in Dublin und zum Schwejk in Prag teilhaben – bevor es weiter nach Belgien geht. Dort wird wiederum empfohlen, die Biere nahe am Herstellungsort (im Falle des Orval in der Pilgerschänke „L‘ Ange Gardien“ kombiniert mit einem Kartoffelauflauf) zu genießen.

So verstanden, ist „Das Buch zum Bier“ ein Reiseführer – man möchte mit Ebbinghaus noch mehr Bierreisen unternehmen!  

Und noch ein weiteres Bierbuch

Aber die Sommersaison ist eine, die sich auch sonst für Bierbücher eignet. Daher an dieser Stelle auch der Tipp für ein Buch, das sich sehr gut als Ergänzung zum österreichischen Bier Guide eignet: Der Bierobelix Martin Seidl, mit dem ich trotz Namensgleichheit nicht verwandtschaftich, wohl aber freundschaftlich verbunden bin, ist ebenfalls unter die Buchautoren gegangen: Soeben ist sein gemeinsam mit Martin Droschke verfasstes Buch "111 Biere aus Österreich, die man getrunken haben muss" erschienen. 

In alter Freundschaft werden Martin und ich unsere Bücher demnächst auch gemeinsam vorstellen - unter anderem in der Uttendorfer Brauerei (30. Mai, 19 Uhr) bei der Austrian Beer Challenge in Linz (31. Mai ab 16 Uhr in der Tabakfabrik) und am 7. Juni ab 19 Uhr im Hoangarten in Palmsdorf.

Und hier noch einmal ein Überblick über die Titel:

https://bauernladen.at/produkte/conrad-seidls-bier-guide-2024/conrad-se…

https://biermythen.de

https://arsvivendi.com/Buch/Titel/9783747205303-Das-Buch-zum-Bier

https://emons-verlag.de/p/111-biere-aus-oesterreich-die-man-getrunken-h…