Trachtiges Sujet für das Gauderfest

von Conrad Seidl 27/02/2023
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Trachtiges Sujet für das Gauderfest

Zell am Ziller - Das Gauderfest, Österreichs größtes Trachtenfest, präsentiert sich heuer mit einem besonders "trachtigen" Sujet. Neben der Gambrinus Rede, dem Ranggln um den Gauder Hogmoar ist es in erster Linie der Trachtenumzug, den man mit dem traditionellen Gauder Fest in Verbindung bringt. Deshalb fiel die Wahl der Schwazer Künstlerin Susanne Liner dieses Jahr auf ein Trachtenmotiv und damit ein charakteristisches Element des Gauder Festes.

Vor einer mächtigen Berglandschaft oben sowie einer abstrakten urbanen Hausfassade unten fordert das Dreiviertelportrait eines Mädchens in originaler Zillertaler Tracht – der „Zeller Lisa“ – die Betrachter zum näheren Hinschauen heraus. „Das Mädchen bringt zum einen das seit jeher verwurzelte Heimatbewusstsein des Gauder Festes zum Ausdruck, zum anderen erzählt ihr herausfordernder Blick aber auch von jener Verantwortung für die Zukunft, mit Ressourcen der Heimat bewusst für kommende Generationen umzugehen“, erklärte Liner bei der Präsentation.

Günther Dankl, Experte der Tiroler Kunstszene und ehemaliger Kurator im Landesmuseum, erkennt im Werk ebenfalls den Spagat zwischen Tradition und Moderne: „Mit dem Gauder Fest haben die Verantwortlichen neben der Traditionsverbundenheit in gleichem Maße auch die kommenden Generationen im Blick. Das bringt die Künstlerin mit ihrem Werk schön zum Ausdruck.“ Für Oswald Gredler, Vertreter des Landestrachtenverbandes, ist der „Tag der Trachtler Jugend“ ein Höhepunkt am Gauder Samstag: „Die Jungtrachtler:innen tragen maßgeblich dazu bei, dass die einzigartige Tradition des Gauder Festes auch in Zukunft weiter fortgeführt wird. Dass diese Tatsache nun auf dem Sujet auf diese schöne Art und Weise verbildlicht wird, zeigt den hohen Stellenwert der Jungtrachtler:innen.“

Und natürlich gibt es auch Kritik von links: "Volkskundlerin und Autorin Elsbeth Wallnöfer sieht darin etwa eine "salonfähig" gemachte "Nazi-Ikonografie", die Darstellung rekurriere "auf die Ästhetik der 1940er-Jahre" und die "typischen Trachtenmädchen" von Gertrud Pesendorfer", schreibt DER STANDARD. Und weiter: "Bei einem Fest, das den Anspruch erhebt, identitätspolitisch wichtig zu sein – schließlich bemüht man Begriffe wie Tradition, Geschichte als Zeugenschaft – muss man fragen, ob eine Motivik, die an im Nationalsozialismus aufgekommene Sujets anknüpft, zeitgemäß ist", sagt Wallnöfer. "Das blonde, blauäugige, zopfige Mädchen mit den schönen Ohrringen in sittsam gezähmt erotischer Manier. Das sauber aufgeräumte Mädchen, das es nicht gibt, weil es eigentlich einem politisch-rassischen Ideal entspringt."

Seit nunmehr fast 600 Jahren wird das Gauder Fest in Zell am Ziller veranstaltet – seit 2014 zählt es zum immateriellen Kulturerbe der UNESCO. Um einem kulturellen Anspruch zusätzlich gerecht zu werden, entwirft jedes Jahr ein Tiroler Künstler bzw. eine Tiroler Künstlerin ein Motiv für das Gauder Fest Sujet. Martin Lechner, Geschäftsführer von Zillertal Bier, sieht darin eine Bereicherung der jahrhundertealten Tradition: „Das Künstlersujet stellt jedes Mal aufs Neue die Einzigartigkeit des Gauder Festes dar. Wir haben diese Initiative mit den wechselnden Sujets ins Leben gerufen, um die unterschiedlichen Sichtweisen der Künstler:innen in Bezug auf das Gauder Fest zu veranschaulichen. Durch die wechselnden Charakteristika der Bilder ist so bereits eine spannende Sammlung an Werken zum Gauder Fest entstanden.“