Was ist österreichisches Märzenbier?

von Conrad Seidl 31/10/2021
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Was ist österreichisches Märzenbier?

München - Seit Jahren tobt der Streit darum, ob das, was wir hier in Österreich als "Märzen" bezeichnen, nicht eigentlich denselben Bierstil beschreibt, der in Deutschland als Helles bezeichnet wird. Klar ist, dass das österreichische Märzen nicht dem entspricht, was man international als Märzen bezeichnet. Das wäre nämlich ein Bier mit 5,1 bis 6 Volumenprozent Alkohol, es hätte mehr Stammwürze und eine dunklere Farbe als österreichische Märzenbiere.

In den Stildefinitionen des World Beer Cup liest man, dass "Brot- oder Biskuit-Malz-Aroma und -Geschmack" vorhanden sein sollten: "Die süße Malzigkeit ist mittel-niedrig bis mittel und führt zu einer gedämpften sauberen Hopfenbittere. Malzaromen sollten eher von leichtem Toast als von starkem Karamell sein. Karamellcharakter auf niedrigem Niveau ist akzeptabel." Das passt auf österreichisches Märzen kaum noch.

Deshalb reichen österreichische Brauer ihre Märzenbiere - wenn überhaupt - als "Munich Style Helles" ein, gelegentlich gibt es sogar Medaillen dafür (etwa für Zipfer Märzen beim World Beer Cup als zweitbestes Helles 2010). Befriedigend ist das allerdings nicht - weshalb die Österreicher seit Jahren um eine eigene Definition "Österreichisches Märzen" ringen und stilistische Abgrenzungen zum Hellen suchen. Analytisch wurden diese Unterschiede nachgewiesen - organoleptisch sind sie schwer zu finden. 

Das machte die Verkostung von je zwei bayerischen Hellen und zwei österreichischen Märzenbieren bei der Jahrestagung der Diplom-Biersommeliers in München auch so spannend: Sie wurde von Michael Zepf (Doemens) und Conrad Seidl (Bierguide) mit einer historischen Darstellung der Bierstile eingeleitet und anschließend sensorisch kommentiert.

In der Blindverkostung konnten die Teilnehmer zwar sehr klar erkennen, bei welchen der eingereichten Biere es sich um die Münchner und bei welchen es sich um die österreichische Probe handelte. Aber andererseits erwies sich etwa das mit dem Augustiner Hell verglichene Egger Märzen als ziemlich ähnlich. 

Die Grenzen sind also allenfalls fließend, was wohl auch daran liegt, dass die heimischen Stildefinitionen verändert wurden. Märzen ist in Österreich heute leichter als noch vor 30 Jahren - und die verwendeten Rohstoffe (heute kein Einsatz von Reis, dafür aber von Wintergersten-Malz) haben sich ebenfalls deutlich geändert, was die einst typische nussige Note zum Verschwinden gebracht hat. 

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